
The Banker of Terror
The Swiss former Nazi François Genoud was involved in the kidnapping of a Lufthansa jet by terrorists At the moment I am very sick,” says the old man and coughs violently into the phone, as if to prove it. He is already 80 and just wants to have his peace. François Genoud won’t find it anytime soon. The phone annoys him incessantly.
The Swiss financier made a name for himself as an avowed Hitler fan and estate administrator of prominent Nazi greats. The French journalist Pierre Péan now reveals in his book “LExtrémiste” (Fayard, Paris) the other side of the old Nazi: his involvement in the Palestinian terror scene. To this day, he has a deep friendship with the top terrorist Carlos. In 1972, he was even personally involved in the kidnapping of a Lufthansa jet.
Genoud’s brown career starts early. At the age of 17, he was allowed to shake Hands with Adolf Hitler in a hotel in Bad Godesberg. He was and remains a “genius” for him. During the Nuremberg War Crimes Trials, he supported relatives of the accused NSDAP bonzes. In return, he secured the rights to the written estate of various Nazi greats.
The Swiss always cashes in when Joseph Goebbels’ diaries are published. In 1992, for example, he claims to have pocketed a six-figure sum from the “Spiegel”. Genoud’s archive in his retirement home in Pully near Lausanne on Lake Geneva documents his brown circle of friends of the post-war era: letters and cards from Emma Göring, Hitler’s sister Paula, Klaus Barbie, Leni Riefenstahl, aviation hero Hans-Ulrich Rudel and Mussolini liberator Otto Skorzeny.
Der Kriegsheld, der im Auftrag Hitlers mit einem Kommando deutscher Fallschirmjäger Benito Mussolini befreite, schrieb Genoud oft
PAUL DICKOPF
Dem NS-Abwehroffizier half Genoud bei der Flucht in die Schweiz. Er wurde später BKA-Präsident und war Interpol-Chef, als Genoud Terroristen half
AHMED BEN BELLA
Für den Führer der algerischen Befreiungsbewegung gegen die Kolonialmacht Frankreich hütete Bankier Genoud die Kriegskasse in der Schweiz
WADI HADDAD
SPURLOS VERSCHWUNDEN
Der ehemalige Carlos-Anhänger Bruno Breguet wird seit November vermißt. Freunde und Verwandte glauben an eine Entführung durch Geheimdienstagenten.
BRAUNE HILFE
Breguet would be a high-profile witness against Carlos and Johannes Weinrich. He has knowledge from the innermost circle of the Carlos gang. Since his release from prison in France in 1985, he claims to have had nothing to do with Carlos. But according to Genoud, Breguet was still involved in consultations with Damascus in 1987/88. His passport is said to contain recent stamps from Syria and Venezuela.
https://www.focus.de/politik/deutschland/der-bankier-des-schreckens-terrorismus_id_1861321.html
- FOCUS-Autor Thomas Scheuer
Focus magazin
Der Bankier Des Schreckens
Der Schweizer Alt-Nazi François Genoud war in die Entführung eines Lufthansa-Jets durch Terroristen verwickelt
Zur Zeit bin ich sehr krank“, sagt der alte Mann und hustet, wie zum Beweis, heftig ins Telefon. Er sei schon 80 und wolle nur noch seine Ruhe haben. Die wird François Genoud so bald nicht finden. Unablässig nervt ihn das Telefon.
Der Schweizer Finanzier machte sich als bekennender Hitler-Fan und Nachlaßverwalter prominenter Nazigrößen einen Namen. Der französische Journalist Pierre Péan enthüllt jetzt in seinem Buch „LExtrémiste“ (Fayard, Paris) die andere Seite des Alt-Nazis: seine Verwicklungen in die palästinensische Terrorszene.
Mit dem Top-Terroristen Carlos verbindet ihn bis heute eine tiefe Freundschaft. 1972 war er sogar persönlich in die Entführung eines Lufthansa-Jets verwickelt.
Genouds braune Karriere beginnt früh. Als 17jähriger darf er in einem Hotel in Bad Godesberg Adolf Hitler die Hand schütteln. Der war und bleibt für ihn ein „Genie“. Während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse unterstützte er Angehörige der angeklagten NSDAP-Bonzen. Im Gegenzug sicherte er sich die Rechte am schriftlichen Nachlaß verschiedener NS-Größen. Der Schweizer kassiert immer ab, wenn aus den Tagebüchern von Joseph Goebbels veröffentlicht wird. So will er 1992 vom „Spiegel“ eine sechsstellige Summe eingestrichen haben.
Genouds Archiv in seinem Alterssitz in Pully bei Lausanne am Genfer See dokumentiert seinen braunen Freundeskreis der Nachkriegsära: Briefe und Kärtchen von Emma Göring, Hitlers Schwester Paula, Klaus Barbie, Leni Riefenstahl, Fliegerheld Hans-Ulrich Rudel und Mussolini-Befreier Otto Skorzeny.
Zeitweise selbst für den deutschen Geheimdienst tätig, lernte er noch während des Krieges in Freiburg im Breisgau, wo er als Schüler das Melanchthonstift besucht hatte, den NS-Abwehrmann Paul Dickopf kennen. 1944 half er ihm bei der Flucht in die Schweiz. Dickopf, später Präsident des BKA und danach Chef von Interpol, blieb mit Genoud bis zu seinem Tod befreundet. Kontakte pflegte der Schweizer auch zu Nazis, die nach dem Krieg in arabische Länder abtauchten.
Ende der 50er Jahre sponserte François Genoud die algerische Befreiungsorganisation FNL. Der Finanzier hütete in der sicheren Schweiz die Kriegskasse der Aufständischen. Er setzte sich für den in Frankreich inhaftierten FLN-Chef und späteren Präsidenten Algeriens, Ben Bella, ein, mit dem er ebenfalls eng befreundet war. In Algier residierte zu jener Zeit noch ein anderer guter Freund Genouds: Hans Rechenberg, einst Berater von Hermann Göring, mittlerweile als BND-Agent in bundesdeutschen Diensten.
1970 ist François Genoud wieder als Knasthelfer im Einsatz. Seine Fürsorge gilt diesmal einem Linksaktivisten: In Israel wird der 19jährige Schweizer Bruno Breguet beim Einschmuggeln von Sprengstoff verhaftet. Genoud schickt seinen Schwiegersohn und Geld für einen Anwalt nach Israel.
Der alte Braune steht dem jungen Roten bei. Die seltsame Melange erklärt das gemeinsame Feindbild: die Juden und ihr Staat Israel. Mancher alte Nazi erhoffte sich von den arabischen Nationalisten und palästinensischen Revolutionären die Erfüllung von Hitlers Vermächtnis: die Vernichtung der Juden. Umgekehrt scheuen arabische Politiker und die in europäischen Linkskreisen populären Palästinenserführer nicht vor der Zusammenarbeit mit alten und neuen Nazis zurück. Getreu der orientalischen Weisheit: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.
Einen guten Freund hat François Genoud auch in Wadi Haddad gefunden. Der Chef der palästinensischen Terrorgruppe PFLP, zu der auch Bruno Breguet Verbindung hat, war bis zu seinem Tod 1978 in Ostberlin Spezialist für Flugzeugentführungen. Auf sein Konto ging die Kaperung des Lufthansa-Jets „Landshut“ im Herbst 1977, die die GSG 9 in Mogadischu beendete. Fünfeinhalb Jahre zuvor, im Februar 1972, entführten Waddads Kämpfer einen deutschen Jumbo-Jet nach Aden im Südjemen.
Die Entführer forderten fünf Millionen Dollar Lösegeld. An der Planung und Organisation des Verbrechens, so enthüllt jetzt Pierre Péan in seinem Buch, war François Genoud persönlich beteiligt. Er tüftelte die Modalitäten der Lösegeldübergabe aus; eigenhändig brachte er den Erpresserbrief von Genf nach Köln auf ein Postamt.
In der Terrororganisation Wadi Haddads begann auch die Karriere eines legendären Top-Terroristen: Ilich Ramirez Sanchez alias Carlos. Über Haddad lernte Carlos auch François Genoud kennen. Es begann eine tiefe Freundschaft, die bis zum heutigen Tag andauert. Nachdem Carlos 1994 im Sudan verhaftet und an Frankreich ausgeliefert wurde, schickte ihm der Nazi-Bankier sofort 10 000 Franken und besuchte in später persönlich im Gefängnis.
Außer seiner Familie ist sein Schweizer Freund der einzige, mit dem der Inhaftierte regelmäßig Briefe wechselt. Für Carlos geht der gebrechliche und kranke Genoud noch mal auf Achse: Er tourt durch den Nahen Osten, um Botschaften zu überbringen und Carlos frühere Frau Lana zu suchen. Im vergangenen November reiste er eine ganze Woche nach Venezuela. Sein Auftrag: Er soll der einstigen Lebensgefährtin von Carlos, der Deutschen Magdalena Kopp, die freiwillige Rückkehr in die Bundesrepublik ausreden. Genouds letzte Mission bleibt erfolglos – in der Weihnachtswoche kehrt Frau Kopp nach Deutschland zurück.
Carlos schreibt seinem „liebsten Genossen“ nach Lausanne: „Falls wir uns noch mal wiedersehen“, werde dies womöglich schon „im Walhalla der Revolutionäre“ sein.
VON HITLER BIS CARLOS – DIE FREUNDE DES François Genoud
ADOLF HITLER
Dem Diktator durfte der 17jährige François Genoud die Hand schütteln. Bis heute bewundert ihn der Schweizer als „Genie“
JOSEPH GOEBBELS
An den Tagebüchern des NS-Demagogen hat Genoud die Rechte und kassiert bei Veröffentlichung
OTTO SKORZENY
Der Kriegsheld, der im Auftrag Hitlers mit einem Kommando deutscher Fallschirmjäger Benito Mussolini befreite, schrieb Genoud oft
PAUL DICKOPF
Dem NS-Abwehroffizier half Genoud bei der Flucht in die Schweiz. Er wurde später BKA-Präsident und war Interpol-Chef, als Genoud Terroristen half
AHMED BEN BELLA
Für den Führer der algerischen Befreiungsbewegung gegen die Kolonialmacht Frankreich hütete Bankier Genoud die Kriegskasse in der Schweiz
WADI HADDAD
Der Chef der Terrorgruppe PFLP galt bis zu seinem Tod 1978 in Ostberlin als Spezialist für Flugzeugentführungen
CARLOS, MAGDALENA KOPP, JOHANNES WEINRICH
Der berüchtigte Salonterrorist Carlos kann auf Genoud zählen. Der Schweizer kennt auch dessen einstige Lebensgefährtin Magdalena Kopp und den Carlos-Komplizen Johannes Weinrich (r. o.). Regelmäßig schreibt er Carlos ins Gefängnis
RÄTSEL UM EX-CARLOS-Komplizen
SPURLOS VERSCHWUNDEN
Der ehemalige Carlos-Anhänger Bruno Breguet wird seit November vermißt. Freunde und Verwandte glauben an eine Entführung durch Geheimdienstagenten.
BRAUNE HILFE
Bei einem geheimen Treffen 1970 in Paris sprach Wadi Haddad mit François Genoud über die Verhaftung Breguets in Israel. Sofort organisierte der braune Banker Prozeßhilfe für seinen linken Landsmann.
BRISANTE KENNTNISSE
Breguet wäre ein hochkarätiger Zeuge gegen Carlos und Johannes Weinrich. Er verfügt über Wissen aus dem innersten Zirkel der Carlos-Bande. Seit seiner Haftentlassung in Frankreich 1985 will er nichts mehr mit Carlos zu tun gehabt haben. Doch laut Genoud war Breguet noch 1987/88 an Beratungen bei Damaskus beteiligt. In seinem Paß sollen sich Stempel jüngeren Datums aus Syrien und Venezuela finden.
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